
Fachsymposium 2020
Am 9. Oktober jährte sich (nach dem gregorianischen Kalender) der rechtsextreme Terroranschlag in Halle zum ersten Mal. Der Anschlag reiht sich in eine lange Folge antisemitisch und rassistisch motivierter Gewalttaten nach 1945 in Deutschland ein, die trotz ihres Ausmaßes im öffentlichen Gedächtnis kaum bis gar nicht präsent sind.
Die gesellschaftliche und politische Aufarbeitung dieser Anschläge hat aber erhebliche Auswirkungen darauf, wie die Betroffenen das Trauma der Gewalt verarbeiten und ob und wie die hiesige Gesellschaft die Einschnitte integriert. Gerade nach dem Anschlag in Halle zeigt sich eine starke Differenz in der Rezeption der Bedrohung und der Dringlichkeit dagegen zu handeln. Eine psychologisierende Medienberichterstattung, die Losung der „Einzeltaten“ und die kollektive Unfähigkeit, die Kontinuität antisemitischer, rassistischer und antifeministischer Ideologien einzusehen, prägen den gesellschaftspolitischen Umgang damit.
Wie gelingt uns dieser Wandel hin zu der Einsicht, dass die Bedrohung für viele Menschen alltäglich ist? Was brauchen wir, um längst überfällige Veränderungen im Denken und Handeln von Einzelnen und Institutionen nachhaltig zu bewirken und umzusetzen? Das diesjährige Fachsymposium des Kompetenzzentrums „Ein Jahr nach #Halle – Folgen für das politische und pädagogische Handeln“ widmet sich diesen und anderen Fragen.
Programm
2. NOVEMBER 2020
16.00 – 16.45 Uhr
Gedanken zum Auftakt
Michael Tetzlaff (Leiter der Abteilung 1: Demokratie und Engagement im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
Samuel Salzborn (Ansprechpartner für Antisemitismus des Landes Berlin)
Marina Chernivsky (Leiterin Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment)
Moderation: Shelly Kupferberg (RBB)
17.00 – 18.30 Uhr
1. Symposium*: Ein Jahr nach #Halle – ein Gespräch mit Überlebenden und Nebenkläger*innen
Sabrina Slipchenko (Autorin und Aktivistin), Yaffa Fogel (Growth data-specialist und Museumskuratorin), Ismet Tekin (Betreiber Kiez Döner), Ezra Waxman (Mathematiker und Postdoc, TU Dresden) und Anastassia Pletoukhina (Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin)
Moderation: Marianna Evenstein (Deutsche Welle)
*Dieses Gespräch wird teilweise auf Englisch stattfinden
3. NOVEMBER 2020
14.00 – 15.00 Uhr
„Terror gegen Juden. Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage“
Gespräch mit Dr. Ronen Steinke (Jurist und Buchautor)
Moderation: Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment)
16.00 – 17.30 Uhr
2. Symposium: Ein Jahr nach #Halle – Forderungen und Implikationen für das politische Handeln
Max Privorozki (Vorsitzender Jüdische Gemeinde Halle), Dr. Wolfgang Schneiß (Ansprechpartner für Antisemitismus in Sachsen-Anhalt), Daniel Botmann (Geschäftsführer Zentralrat der Juden in Deutschland), Katharina von Schnurbein (Koordinatorin zur Bekämpfung von Antisemitismus, Europäische Kommission)
Moderation: Shelly Kupferberg (RBB)
4. NOVEMBER 2020
09.30 – 11.00 Uhr
3. Symposium: Ein Jahr nach #Halle – Reflexionsimpulse für die Bildungspolitik und pädagogische Praxis
Prof. Dr. Maisha-Maureen Auma (Magdeburg-Stendal University of Applied Sciences), Romina Wiegemann (Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment) und Julia Yael Alfandari (DAGESH)
Moderation: Patrick Siegele (Anne-Frank-Zentrum)
WORKSHOPS
11.30 – 13.00 Uhr
1. Workshop
Innerjüdische Erfahrungen und Umgangsstrategien am Beispiel des Buchprojekts „Halle ist überall“*
Nea Weissberg (Lichtig Verlag) und Romina Wiegemann (Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment)
*Dieser Workshop ist als Safe Space für Menschen mit Antisemitismuserfahrungen konzipiert
2. Workshop
Studie „Antisemitismus im Kontext Schule“ – Reflexionsimpulse für Praxis und Politik
Marina Chernivsky und Johanna Schweitzer (Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment)
14.00 – 15.30 Uhr
3. Workshop
Aus der Perspektive von Kindern denken – Implikationen für die jüdische Bildung und Empowerment-Arbeit
Susanne Benizri (Israelitische Religionsgemeinschaft Baden)
4. Workshop
Teachers from Germany learning about the Shoah in Israel: Addressing Antisemitism of the past or present?
Lance Levenson M. A. (Hebrew University of Jersualem), Dr. Friederike Lorenz (Bergische Universität Wuppertal/ Freie Universität Berlin)
*Der Workshop findet auf Englisch statt, die Teilnehmer*innen können aber ggf. auf Deutsch Fragen stellen
5. Workshop
Halle: It started online – the role and responsibility of online platforms, policy-makers and each of us to tackle hate
Alina Bricman (B’nai B’rith International)
*Der Workshop findet auf Englisch statt
5. NOVEMBER 2020
15.00 – 16.30 Uhr
4. Symposium: Ein Jahr nach #Halle – Repräsentation jüdischer Stimmen im politischen Diskurs und neue Bündnisse
Dr. Lea Wohl von Haselberg (Medienwissenschaftlerin) und Hannah Peaceman (Philosophin)
Beide Referentinnen sind zusammen mit Prof. Dr. Micha Brumlik, Max Czollek, Marina Chernivsky und Anna Shapiro Mitherausgeber*innen der Zeitschrift „Jalta“
Moderation: Laura Cazés (ZWST)
17.00 – 18.30 Uhr
5. Symposium und Ausblick: Ein Jahr nach #Halle – Perspektiven und Handlungsimpulse für Politik, Justiz und Gesellschaft aus der Sicht der Nebenklage
Dr. Kati Lang (Rechtsanwältin) und Naomi Henkel-Gümbel (Rabbinerin in Ausbildung)
Moderation: Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment)
Die Corona-Pandemie betrifft uns alle und es ist auch immer wieder an uns Verantwortung zu übernehmen. Das Kompetenzzentrum möchte die Teilnehmenden keinen unnötigen Ansteckungsrisiken aussetzen. Außerdem gibt es eine Überschneidung mit den Verhandlungstagen des Halle-Prozesses in Magdeburg. Daher haben wir uns entschlossen, die Veranstaltung ausschließlich digital stattfinden zu lassen. Die einzelnen Programmschwerpunkte verteilen sich auf den Zeitraum vom 02. bis zum 05. November. Die Veranstaltung wird öffentlich gestreamt. Die öffentliche Kommentarfunktion wird aus Sicherheitsgründen deaktiviert. Die Teilnahme an Diskussionen wird über einen moderierten Chat ermöglicht. Die Anmeldung für den Chat ist seit 3.November 10 Uhr abgeschlossen.