Fachsymposium 2023

Institutioneller Antisemitismus

Dimensionen, Praktiken, Reflexionsimpulse

ABSTRACT

Antisemitismus artikuliert sich auf allen Ebenen der gesellschaftlichen Ordnung. Ungeachtet dessen wird diese Gewalt- und Diskriminierungsform immer wieder individualisierend rezipiert und nicht als Bestandteil sozialer Praxis eingeordnet. Nach Jahrzehnten weitreichender Dethematisierung antisemitischer Strukturen in der Breite der deutschen Gesellschaft entwickelt sich aktuell ein Diskurs um Antisemitismus in institutionellen Kontexten. Jüngere Forschung zeigt, wie Jüdinnen_Juden in hiesigen institutionellen Systemen zum Teil strukturell benachteiligt werden und verschiedene Formen institutioneller Ausschlüsse erfahren können. Institutionen der Gegenwartsgesellschaft tragen damit zur Normalisierung antisemitischer Strukturen bei.

Das diesjährige Fachsymposium gibt Einblicke in die Forschung zu institutionellem Rassismus und diskutiert strukturelle Manifestationen des Antisemitismus in Institutionen. Das Ziel der Veranstaltung ist, Leerstellen aufzuspüren, neuere Erkenntnisse zu reflektieren und strukturbildende (Bildungs-)Ansätze auszuloten.

Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen dem Kompetenzzentrum und der Fachhochschule Potsdam, ermöglicht durch das Bundesprogramm “Demokratie Leben” des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) Berlin.

Programm

06.12.2023

17:30 Uhr
Einlass

18:00 Uhr
Eröffnung 

18:15 Uhr
„Gewässer im Ziplock“
Lesung und Gespräch mit Dana Vowinckel zu ihrem Buch sowie zu Folgen des terroristischen Angriffs auf Israel und antisemitischer Gewalt in Deutschland 
Moderation: Shelly Kupferberg (rbb Kultur)

Ab 19:30 Uhr
Empfang  

07.12.2023

09:00 Uhr
Einlass

09:30 Uhr
Eröffnung 
Melanie Haas (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
Prof. Dr. Samuel Salzborn (Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus)
Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum für antisemitismuskritische Bildung und Forschung)

10:00 Uhr
Panel 1: 
Institutionelle Diskriminierung und Gewalt – Leerstellen und Herausforderung in Forschung und Aufarbeitung
Prof. Dr. Sabine Andresen (Goethe Universität Frankfurt am Main), Prof. Dr. Juliane Karakayali (Evangelische Hochschule Berlin), Prof. Dr. Friederike Lorenz-Sinai (FH Potsdam)
Moderation: Shelly Kupferberg (rbb Kultur)

11:30 Uhr
Pause

12:00 Uhr
Panel 2:
Antisemitismus in institutionellen Systemen am Beispiel von Schulen, Kindertageseinrichtungen und Kulturinstitutionen
Dr. Seyran Bostancı (Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung DeZIM), Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum/ OFEK e.V.), Michal Schwartze (Frankfurt am Main)
Moderation: Dr. Tanja Kinzel (Bundesverband RIAS e.V.

13:00 Uhr
Mittagessen

14:00 Uhr
Workshops

Antisemitismus in der Grundschule
Romina Wiegemann und Lea Güse (Kompetenzzentrum für antisemitismuskritische Bildung und Forschung)

Die Beschäftigung mit Antisemitismus in der Grundschule ist nicht selbstverständlich. Strukturell wird Antisemitismus vor allem auf den Nationalsozialismus und den Holocaust bezogen und erscheint insbesondere für junge Kinder unzumutbar. Vor diesem Hintergrund gerät ein umfassenderes Verständnis von Antisemitismus und seine aktuelle Relevanz aus dem Blick. Wie jedes Gewalt- und Diskriminierungsverhältnis spiegelt sich aber auch Antisemitismus in der Schule und in der Lebenswelt von Kindern wider – direkter als häufig angenommen. Wie tritt Antisemitismus in der Grundschule aktuell in Erscheinung? Wie wirkt Antisemitismus auf betroffene Kinder? Wie sieht ein professioneller Umgang mit Antisemitismus in der Grundschule aus? Welche pädagogischen Ansätze sollten strukturell stärker etabliert werden?
Der Workshop bietet die Möglichkeit, den Umgang mit Antisemitismus in der Grundschule zu reflektieren und weiterzudenken.

Antisemitismus im Kontext Polizei
Friederike Lorenz-Sinai, Leonie Nanzka (FH Potsdam) und Tabea Adler (OFEK e.V.)

Die Polizei hat durch ihre Rolle im Nationalsozialismus und in der Shoah eine spezifische institutionelle Geschichte in Bezug auf Antisemitismus. Gegenwärtig kann das Verhältnis von jüdischen Communities und der Polizei als ein ambivalentes beschrieben werden. Polizist*innen werden sowohl als Beschützer*innen jüdischer Alltagsorte als auch im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen rechtsextremen Netzwerken in den Reihen der Polizei wahrgenommen. Im Workshop wollen wir vor dem Hintergrund laufender Studien sowie Erfahrungen aus der Beratungspraxis von OFEK der Frage nach dem Umgang mit Antisemitismus im Kontext der Polizei nachgehen.

15:30 Uhr
Pause

16:00 Uhr
Panel 3: Antisemitismuskritische Institutionsentwicklung als Vision und Paradigmenwechsel
Shila Erlbaum (Zentralrat der Juden in Deutschland), Prof. Dr. Barbara Schäuble (Alice-Salomon-Hochschule), Romina Wiegemann (Kompetenzzentrum für antisemitismuskritische Bildung und Forschung)
Moderation: Franziska Göpner (Anne Frank Zentrum)  

17:30 Uhr
Tagungsreflexion
Matti Traußneck (Universität Marburg)